Meine Wertungen:
1 Stern: Schrott
2 Sterne: Naja
3 Sterne: Zu einmal gucken reichts
4 Sterne: Interessant
5 Sterne: Meisterwerk
Clint Eastwood schien damals an einem Punkt angekommen zu sein, an dem er nichts mehr verkehrt machen kann. Mit "Million Dollar Baby" hat er fast alle wichtigen Oscars abgeräumt, auch den des besten Films und den der besten Regie. Die Regie ist seit Jahren dieselbe: ruhig und unaufdringlich. Wo sich andere Filme in Spezialeffekten und "sensationellen" Kameraeinstellungen fast überschlagen, ist Eastwoods Stil erzkonservativ. Das ist nur für die ein Fehler, die die Videoclip-Ästhetik mancher Filme für das Nonplusultra halten. Für die, die gerne eine Geschichte erzählt bekommen wollen und lieber auf Schauspieler achten, ist "Million Dollar Baby" genau das Richtige.
Der Film erzählt die Geschichte einer für diesen Sport nicht mehr ganz jungen Frau Maggie (fantastisch: Hilary Swank, ebenfalls mit einem Oscar bedacht), die (richtig) Boxen lernen will und den Boxtrainer Frankie (Eastwood) nervt, ihr das beizubringen. Frankie lehnt das ab, doch Maggies Beharrlichkeit und das gute Zureden seines Freundes Scraps (Morgan Freeman, endlich ein Oscar) ändern seine Meinung. Irgendwann eilt Maggie von Sieg zu Sieg.
"Million Dollar Baby" beginnt wie ein normaler Boxerfilm, aber dann geht es tiefer. Es wird schnell klar, dass Maggie für Frankie eine Ersatztochter wird, weil die eigene ihn verlassen hat und für Maggie ist Frankie der Vater, den sie nie hatte. Irgendwann brauchen sich die beiden einander, dass es schon weh tut.
Nach der Hälfte kippt der Film in ein Drama um, dass selbst den hartgesottensten Kerls einen Kloß in den Hals treibt, vorausgesetzt, sie haben sich noch eine Spur Mitgefühl bewahrt. Aber auch die Sequenzen vorher glänzen nicht etwa durch die Kampfszenen (die allerdings gut arrangiert sind), sondern durch die hervorragenden Bauten wie Frankies Boxhalle, die absolut authentisch wirkt und das nuancierte Spiel seiner Protagonisten und der restlichen Schauspieler. Zudem hat Eastwood die Fähigkeit, Atmosphäre zu schaffen.
Clint Eastwood spielt eigentlich wie immer, er ist wie geschaffen für einen Typ, der mehr mit dem Gesicht arbeitet als mit Worten. Hilary Swank habe ich erstmals in dem Science-Fiction-Brummer "The Core" gesehen und fand ihre Leistung nicht atemberaubend, was allerdings weniger ihr Fehler, sondern des Films war. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie schon einen Oscar für ihre Rolle in "Boys Don't Cry" (tun sie doch) bekommen hat. Immer noch rätselnd, ob man sie hübsch finden soll oder nicht (ihr Pferdegesicht stellt sogar das von Geena Davis in den Schatten), hat sie mich an der Seite von Al Pacino und Robin Williams in "Insomnia" schon mehr beeindruckt, obwohl sie hier nur eine kleine Rolle hat. Morgan Freeman schließlich mag den einen oder anderen schlechten Film gedreht haben, seine schauspielerischen Leistungen standen jedoch immer außer Frage. Freeman ist der Erzähler der Ereignisse (und wenn man gedacht hat, er erzählt sie dem Zuschauer, wird man am Ende noch einmal überrascht) und er ist so etwas wie ein Katalysator, denn nicht zuletzt ist es ihm zu verdanken, dass Maggie das bekommt, was sie sich am sehnlichsten wünscht, nämlich zu boxen.
Letztlich hat "Million Dollar Baby" nur einen gravierenden Fehler. Die böse Gegenspielerin Maggies ist eine schwarze (!), ostdeutsche (!) Exprostituierte (!), ein Klischee, das sich Eastwood hätte sparen können. Trotzdem ist ihm dabei (wieder) ein großer Wurf gelungen und "Million Dollar Baby" wird immer zu meinen Lieblingsfilmen gehören. Man muss sich einfach davon freimachen, Clint Eastwood mit Dirty Harry zu assoziieren. Man sollte ihn endlich mal anerkennen als das, was er ist. Einer der größten Regisseure Hollywoods wie Alfred Hitchcock, Billy Wilder oder Steven Spielberg.