Meine Wertungen:
1 Stern: Schrott
2 Sterne: Naja
3 Sterne: Zu einmal gucken reicht's
4 Sterne: Interessant
5 Sterne: Meisterwerk
"The Kid" war der erste Geniestreich Charlie Chaplins. Sicher hat man sein Genie schon früher in den Kurzfilmen erkennen können. Als er "The Kid" machte, war er schließlich schon ein Star. Aber dies ist sein erster Langfilm (oder, bei einer Laufzeit von 51 Minuten, sein erster längerer Film) und die Leistung dabei war, dass er sofort einen hohen Qualitätsmaßstab setzte, an dem er sich selbst messen musste. Die noch größere Leistung war selbst verständlich, diesen Maßstab oft noch zu übertreffen.
Um "The Kid" richtig zu verstehen, muss man etwas Hintergrundwissen haben: Chaplin selbst ist in purer Armut aufgewachsen. 1918 heiratete er Mildred Harris, mit der er ein gemeinsames Kind hatte, das aber drei Tage nach der Geburt verstarb. Diese Erfahrungen verarbeitete er in "The Kid". Nicht umsonst hat er ein Jahr gebraucht, um den Film fertig zu stellen.
Ein anderer Umstand ergibt sich aus seiner Filmfigur. Der ganz frühe Chaplin ist ein eher roher Geselle, der sich trickreich durchs Leben schlägt. Erst nach und nach wird Charlie zu einem "guten" Menschen (ohne seinen Trickreichtum zu verlieren). In "The Kid" ist diese Wandlung vollzogen.
Zum Inhalt: Der Tramp Charlie findet ein ausgesetztes Baby und seine Instinkte sagen ihm erst mal, dass er dieses sofort wieder loswerden muss. Dann siegt natürlich sein gutes Herz und er nimmt den Jungen bei sich auf. Die beiden schlagen sich so gut es geht durchs Leben - der Junge schmeißt Glasscheiben ein, die Charlie dann ersetzt - , doch es tauchen Probleme mit der Fürsorge auf und schließlich mit der Mutter, die ihr Kind wiederhaben möchte. Selbstverständlich geht alles gut aus.
Chaplins größtes Faustpfand war der kleine Jackie Coogan. Erstens war er ein verdammt süßer Bengel und zweitens nahm er geduldig alles auf, was ihm Chaplin in gleicher Geduld beibrachte. Coogan wurde dadurch der erste Kinderstar der Filmgeschichte.
Sicherlich hat der Film Schwächen. Für die heutige Zeit hat er schon recht viel Pathos, aber wenn man bedenkt, dass er 1921 (schließlich gab es noch keinen Ton) gedreht wurde, muss man das verzeihen. Dafür hat er aber genauso viele rührende und witzige Szenen, die "The Kid" zum ersten Meisterwerk von Chaplin werden lassen. Tja, und den schönsten Filmkuss aller Zeiten gibt es nicht zwischen Liebespaaren wie etwa Cary Grant und Grace Kelly (sogar der von Marliyn Monroe und Tony Curtis in "Manche mögen's heiß" am Ende landet für mich nur auf dem zweiten Platz), sondern zwischen einem abgewrackten Tramp und einem fünfjährigen Rotzlöffel.