Es gibt ein dickes Buch über die Entstehung des Cameron-Filmes, da ist das mit den spiegelverkehrt gefilmten Szenen lang und ausführlich erklärt. Da die Titanic, wie richtig bemerkt, nicht spiegelsymmetrisch gebaut war musste es da natürlich Fehler geben, die dem echten Titanic-Kenner auffallen. Dass in der Konsequenz sozusagen auch die Schauspieler seitenverkehrt agieren müssen, kann nur zu weiteren Fehlern führen.
Einfach mal versuchen, vor dem Spiegel (z.B. im Bad) eine einfache Tätigkeit zu machen, z.B. auf ein vor die Brust gehaltenes Blatt Papier an einer zuvor markierten Stelle mit einem Paketschreiber ein Kreuz malen, dann seht ihr, wie schwer das ist...
Klar spart es enorm Produktionskosten, wenn man ein 1:1-Modell nur halb nachbauen muss, aber mit ein paar seitenverkehrten Beschriftungen ist es halt nicht getan...
Stefan
Beiträge von stefha
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Es ist so, dass durch den "Rückwärtsgang" das Steuerruder weniger Ruderwirkung hatte als vorwärts, da das Steuerruder nicht mehr durch den im "Vorwärtsgang" von der von den Schiffsschrauben erzeugten Druckwelle angeströmt wurde. Der "Rückwärtsgang" hat also die Wirkung des Ruders verringert und der Wendekreis des Schiffs vergrösserte sich. Die Richtigkeit dieser Tatsache hat ungewollt am 15. Mai 1934 das fast baugleiche Schwesterschiff Olympic bewiesen, die im Nebel das Feuerschiff "Nantucket Nr. 117" rammte und versenkte. Damals wurde "nur" ausgewichen, ohne "Rückwärtsgang", das Pech war nur, die Olympic war schon viel zu nahe dran (auf Steinwurfweite, wie man so sagt), und so konnte sie die Kurve nicht mehr kriegen, hat das Feuerschiff gerammt, sauber zerteilt und versenkt.
Stefan -
Hallo Anonymus,
Gut beobachtet! Da ich gerade die Konstruktionspläne der Titanic-Hauptmaschinen studiert habe, ergänze ich: Sollte es vorgekommen sein, dass eine der Maschinen exakt im oberen oder unteren Totpunkt des Zylinders 1 (Hochdruckzylinder) stehenblieb, konnte sie nicht wieder anlaufen, da in dem Moment beide Steuerschieber des 1. Zylinders zu waren. Für diesen Fall war vorgesehen, für einen Moment mit einem, wie Du sagst "Injektorventil" Frisschdampf in den Mitteldruckzylinder einzuleiten, der dann die Maschine anlaufen liess.
Stefan -
Hallo Tana 95!
Es ist so: Als das Vorderschiff unterging hob sich das Heck und der Rumpf wurde an seiner konstruktiv schwächsten Stelle, nämlich dort, wo es die grössten durchgehend offenen Räume gab (Oberlicht über dem Maschinenraum, Speisesäle, Belüftungsschächte unter dem 4. Schornstein usw) durch das enorme Gewicht der Maschinenanlage (ca. 1200 Tonnen) derart überlastet, dass er genau dort auseinanderbrach. Ausser den fünf Einenderkesseln exakt an der Bruchstelle sowie den jeweils vordersten Niederdruckzylinder der beiden Hauptmaschinen blieb dabei alles an seinem Platz, da ist nichts durch die Decks gekracht, wie auch, wenn doch Kessel und Maschinen schon ganz unten auf dem Tankdeck standen. Oder anders gesagt: Wenn man schon im Keller ist, kann man nicht noch tiefer. Klaro? Das Aufstellen des Hecks geschah eben genau, weil die 1200 Tonnen schwere Maschinenanlage von o.g. Bruchstücken abgesehen, noch komplett am Platz blieb und das Heck dadurch nach unten zog. Habe gerade ausführlich ein knapp 700 Seiten starkes wissenschaftliches Buch über die Konstruktion der T. studiert und habe die Pläne hier (um ein gutes RC-Modell in M 1:87 zu bauen) und kann Dir sagen, es gab sogar spezielle Fundamente unter den schwersten Bauteilen, um z.B. im Fall einer Kollision bei Höchsttempo ein Sich-Losreissen der Maschinen oder Kessel zu vermeiden.
Stefan -
Nun, historisch betrachtet war die Fahne am Heck die Flagge "Royal Navy Reserve", zeigt also an, dass das Schiff im Kriegsfall als Schiff der Kriegsmarine unterwegs sein würde, und nach damaligen Seefahrtsregeln musste die Flagge nur innerhalb britischer Hoheitsgewässer sichtbar sein und konnte während der Überfahrt abgenommen werden...
stefan -
Hallo zusammen!
Letzter Beitrag vor drei Monaten, viel ist hier aber nicht los!
Noch ein Fehler und wie er zustandekam: Da ich gerade eben ein fast wissenschaftliches 700-Seiten-Buch über die Technik der Titanic gelesen habe, fällt mir auf: Im Film dauert nach dem "Eisberg voraus, Volle Kraft zurück", das Umsteuern der Kolbendampfmaschinen in den "Rückwärtsgang" weniger als eine Sekunde. So ging das aber nicht! Nach intensivem Studium der Konstruktionspläne usw. stelle ich fest: Die Hauptmaschinen der Titanic waren unglaublich riesig, so hoch wie ein vierstöckiges Haus und wogen zusammen knapp 800 Tonnen, dazu noch die Abdampfturbine mit über 400 Tonnen. Zum Umsteuern vorwärts/rückwärts mussten tonnenschwere Gestänge bewegt werden, was, da die menschliche Kraft dafür zu wenig war, je nach Aufgabe mittels kleinen Hilfsdampfmaschinen, hydraulischen Druckzylindern oder Elektromotoren geschah. Allein die zwei Schieberventile von der Abdampfturbine in die Kondensatoren hatten etwa die Abmessungen eines Garagentors für eine LKW-Garage! so etwas konnte nie und nimmer von Hand bewegt werden und das war auch konstruktiv nicht vorgesehen. Das Umsteuern mittels dieser Hilfsmaschinen hat immer einige Minuten gedauert, die Szene im Maschinenraum, wo umgesteuert wird und sich ein Maschinist über dem sich über ihm plötzlich schnell bewegenden Steuergestänge wegduckt, ist also nett anzusehen, aber trotzdem kompletter Unsinn!
Konnte nur passieren, weil man für die Maschinenraumszenen im Film im echten Maschinenraum eines der letzten weltweit erhaltenen echten *Dampfers* "Jeremiah O'Brian, ein Liberty-Schiff aus den 30er Jahren- gedreht hat und diese Szenen dann 1. durch spiegeln verdoppelt hat (da ja die Titanic zwei Maschinen hatte) und 2. mehr als sechsfach vergrössert hat, um die relativ kleine Maschine der Jeremiah O'Brian so gross wie die der Titanic erscheinen zu lassen. Und die Maschine der Jeremiah O'Brian lässt sich tatsächlich innerhalb einer Sekunde umsteuern...
Stefan