Meine Wertungen:
1 Stern: Schrott
2 Sterne: Naja
3 Sterne: Zu einmal gucken reicht's
4 Sterne: Interessant
5 Sterne: Meisterwerk
Wie so oft: Weil ich ihn gerade mal wieder gesehen habe…
Leigh Anne Tuohy (Sandra Bullock) ist eine durchaus toughe Innenarchitektin, die eine sehr resolute soziale Ader hat. Als ihr der schwarze, hünenhafte Michael Oher über den Weg läuft, setzt sie alles daran, ihn in einem Highschool-Football zu integrieren, was auf verschiedene Art schwierig ist. Die erste Hürde ist, dass Michael dazu auch außerhalb des sportlichen Geschehens in die Highschool aufgenommen werden muss, was seine scheinbar mangelnden Allgemeinkenntnisse vorerst verhindern. Leigh nimmt ihn in ihre Familie (geradezu klassisch: Mutter, Vater, Tochter, Sohn) auf. Es stellt sich heraus, das Michael, der nie eine richtige Familie hatte, einen ausgesprochenen Beschützerinstinkt hat. Im Footballteam ist Michael deswegen erst ein As, als Leigh ihm klarmacht, dass dieses Team eine Art von Familie ist, die es zu beschützen gilt.
Auch wenn dies für meine Verhältnisse eine sehr umfangreiche Inhaltsangabe ist, ist sie bei weitem nicht ausreichend, um alle Facetten des Films zu erfassen, z. B. wie Leigh ihre Familie geradezu nötigt, Michael in eben diese Familie aufzunehmen oder wie sie darum kämpft, dass Michael, der nicht dumm, sondern eher gehemmt ist, seine Noten verbessert, um auf der Schule bleiben zu können.
In meiner Kritik zu "Die Vorahnung" habe ich praktisch drum gebettelt, dass irgendjemand Sandra Bullock endlich eine Rolle anbietet, die sie in einem ernsthaften Film mal in einem ihr würdigen Charakter zeigt: Hier wird das erfüllt. Ihre Darstellung der Leigh Anne Touhy grenzt an eine schauspielerische Tour De Force. Obwohl sie eine starke Frau verkörpert, bringt sie es immer wieder fertig, der Figur eine zusätzliche Dimension zu geben, indem ihr immer wieder Zweifel kommen, ob es wirklich das richtige ist, was sie tut und warum.
Nebenbei gibt sie da trotzdem noch komödiantische Einlagen. Nein, nicht die Brüller, eher die kleinen Schmunzler, die so einfach scheinen, aber doch schwer zu spielen sind, wenn man nicht das richtige Timing hat (z. B. mit vollkommen ernster Miene komische Sachen zu sagen). Sie hat es.
Dass sie für diese Darstellung einen Oscar bekommen hat, ist völlig berechtigt, wobei ihr das Kunststück gelungen ist, an zwei aufeinander folgenden Tagen den Oscar und den "Gegenoscar", die Goldene Himbeere für "Verrückt nach Steve" zu bekommen. Man muss es Frau Bullock anrechnen, dass sie so viel Humor bewiesen hat, auch diesen Preis persönlich entgegen zu nehmen, was nicht viele ihrer Kolleginnen und Kollegen taten.
Die Stärke der Bullock ist aber gleichzeitig eine Schwäche des Films. Sie spielt alle anderen dermaßen an die Wand, dass die Szenen ohne sie durchzuhängen drohen, denn genau genommen ist "The Blind Side" eine weitere sportliche All-American-Success-Story, die inhaltlich nicht viel Neues bringt.
Außer eben einer großartigen Sandra Bullock.