[Avatar - Aufbruch nach Pandora] Eine Unaufmerksamkeit Camerons in der Geschichte

  • Hallo,
    es geht, wie der Titel sagt, um den Film an sich, nicht um eine Szene.

    [INDENT]Anmerkung: Zur Darstellung der Aussage dieses Textes sind Zitate und Hinweise auf die Handlung unerlässlich. Wer den Film noch nicht kennt und sich den Spaß nicht verderben lassen will, sollte also erst weiterlesen, nachdem er den Film gesehen hat. Daher ist auch ein Großteil ein Spoiler. Ich hoffe, es ist so ausreichend. [/INDENT]

    Cameron stellt die Menschen (von Ausnahmen abgesehen; allen voran Jack Sully und die Hubschrauberpilotin Trudy) als profitgeile, unsensible und mordgierige Typen dar, denen alles egal ist, solange die Lohnabrechnung stimmt. Auch ihre Chefs (vor allem die Firmenaktionäre) sollen so sein. Zitat aus den Dialogen:

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    {0:48:28} "Ureinwohner abmurksen kommt nicht gut. Aber ... eine Sache hassen Aktionäre noch mehr als mieserable Presse; und das sind miese Quartalszahlen. Ich hab' die Regeln nich' gemacht. Also beschaffen Sie mir Zuckerbrot, damit sie sich bewegen. Ansonsten ... muss es eben die Peitsche sein."

    Die Aktionen der Menschen sind also vorab abgesegnet, egal, was es ist. Das zu der Charaktereinschätzung.

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    Nun kommen also (nach dem Ende des Films) die Menschen (Jahre später) zur Erde zurück -wie geprügelte Hunde und natürlich mit den verrücktesten Geschichten, die sie sich inzwischen zurechtgelegt haben. Was werden die Verantwortlichen tun? Das Zeug (Unoktanium) ist extrem begehrt und sicher auch militärisch wichtig (sonst gibt es sicher nicht solche Preise). Und die Menschen tendieren zumeist zur Rachsucht. Niederlagen werden nicht akzeptiert.

    [INDENT]Anmerkung: Der Spoiler eben ist ein Argument, aber er verrät das Ende.[/INDENT]

    Hier kommt der Fehler (oder das, was ich dafür halte). Unoktanium ist ein Element, ein Metall (so, wie es aussieht). Es braucht die Flora und Fauna des Planeten nicht, um zu existieren. Man kann diese also in beliebigem Umfang platt machen -bis hin zu Tabula Rasa, der völligen Zerstörung allen Lebens mit Napalm, Entlaubungsmitteln und, abseits der Unoktaniumadern wegen des Fallout, Atombomben.

    Das halte ich für einen Denkfehler Camerons vor dem Hintergrund seiner eigenen Sicht der menschlichen Natur. Denn diese Menschen werden genau das (Tabula Rasa) auch tun ... es sei denn, sie können es nicht, weil sie nicht das Geld oder andere Resourcen dafür haben; und dafür gibt es nur einen, ganz schwachen, Hinweis (Zitat:

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    {2:26:23} "Die Aliens kehrten zurück in ihre sterbende Welt; nur Einige ... wurden auserwählt zu bleiben.").

    Der Fehler wäre zudem vermeidbar gewesen. Es hätte ja auch etwas Biologisches sein können, was die Menschen haben wollen (immerhin hatte es Cameron in der Hand, was er da angibt).

    Da passen Bulldozer und Bomben nicht dazu? Kommt darauf an. Auf der Erde wurde ja auch oft (und wird teilweise bis heute) 'geerntet', indem alles zerstört und dann aus den Überresten das Gewünschte geklaubt wird. Also (als Alternativbeispiel):

    Die Menschen suchen einen Pilz, der aber ein wenig anders aussieht als Pilze auf der Erde. Er hat unterirdisch Knollen, die eine Substanz enthalten, die die Menschen brauchen (als Medikament gegen einen Krankheitserreger, der sich auf der Erde ausbreitet; es ist kein Impf- sondern ein Hemmstoff. Wer ihn regelmäßig einnimmt, wird nicht krank, obwohl er infiziert ist). Der Pilz entzieht sich den Scannern, nur seine überirdischen Fruchtkörper (die ihm wegen ihrer Ähnlichkeit zu Champignons den Begriff 'Pilz' eingetragen haben) kann man finden -auch auf die Distanz. Er lebt als (wie die Menschen das nennen) Schmarotzer an bestimmten Bäumen, unter anderem auch am Heimatbaum und an der heiligen Stätte der Na'vi.

    So könnte man die Anwesenheit der Menschen auch erklären. Der Vorteil für die Geschichte: man kann Teile des Planeten platt machen, eventuell auch vollkommen. Aber Radioaktivität könnte den Pilz verändern, sodass der Hemmstoff unbrauchbar (oder verstrahlt) wird. Großflächige Verheerungen würden seine ökologische Grundlage vernichten und da er einen kurzen Lebenszyklus hat (ein Jahr zum Beispiel) wäre es dann nach fünf Jahren bereits aus mit dem Wirkstoff. Das wäre ein Argument, das sogar Aktionäre überzeugt, damit wäre erklärt, warum sich die Menschen überhaupt um eine Koexistenz mit den Na'vi (wenn auch in sehr egen Grenzen) bemühen.

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    Dann könnten die Na'vi diesen Krieg auch langfristig (über die eigentliche Filmhandlung hinaus) gewinnen. So aber, so denke ich, wäre dies ein Pyrrhus-Sieg (ein Sieg ohne Gewinn), da der Krieg langfristig auf jeden Fall die Vernichtung der Na'vi zur Folge hätte.

    [INDENT]Anmerkung: Der Spoiler eben ist ein Argument, aber er verrät das Ende.[/INDENT]

    Tschüß

    Lady A.

    "Dann gibt es kein glückliches Ende?"
    "Es gibt nie ein glückliches Ende ... denn es endet nichts"
    (Dialog aus "Das letzte Einhorn")

    Il y a un plaisir plus grand que celui de tuer: celui de laisser la vie.
    Es gibt ein größeres Vergnügen als das, zu töten: das leben zu lassen.
    James-Oliver Curwood, 1878 bis 1927; Zitat aus dem Abspann von 'Der Bär', der Verfilmung eines seiner Bücher

    Einmal editiert, zuletzt von Lady Amalzia (22. August 2010 um 12:02) aus folgendem Grund: Zusätzlicher Gedanke

  • Ein recht ausführlicher Beitrag, aber ich bin mit Dir nur zum Teil einverstanden.

    Kurz gesagt, findest Du es als Fehler, dass die Menschen den Planeten nicht sofort zerstören, um an das Gewünschte heranzukommen, da es ihnen eh egal ist, was aus der Lebenswelt der Ureinwohner wird?

    Aber so blutrünstig werden die Menschen doch garnicht dargestellt. Man sieht oft, dass Jake Sully versucht Kompromisse zu finden, die Na'Vi ohne Krieg zu vertreiben. Man merkt auch, dass die Avatare (v.a. Grace) schon bei den Na'Vi waren, sie studiert haben, mit ihnen gelebt haben. Das Militär ist vorerst nur als Absicherung da.
    Erst später werden die Aktionäre ungeduldig und wollen endlich Resultate sehen, daher die Angriffe mit den Bomben, etc.


    Kleine Anmerkung: das begehrte Zeug heißt Unobtainium - Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen.

    Es reicht langsam mit der Liebe auf Entfernung. Du ziehst sofort in mein Zimmer, lieber Kühlschrank!

  • Meinst es ist angenehm in einem radioaktiven Gebiet zu arbeiten oder zu leben? Klar, eine schnelle Lösung, aber wenn es mit einfacheren Mitteln auch geht an das Ziel zu kommen, warum nicht?
    "Die Aliens kehrten zurück in ihre sterbende Welt." Warum also etwas völlig zerstören, wenn es bald die eigene Rasse retten könnte? Rohstoffe nehmen, Ureinwohner töten oder wegsperren und das neue schöne neue Land besiedeln. Leider schon sehr oft so passiert.


    Außerdem kommt ja noch Teil 2 und 3. Wir werden sehen, was noch passiert. ;)

    "Aber was ist, wenn es Morgen kein Morgen gibt? Heute gabs auch keins."

  • Ein recht ausführlicher Beitrag, aber ich bin mit Dir nur zum Teil einverstanden.

    Kurz gesagt, findest Du es als Fehler, dass die Menschen den Planeten nicht sofort zerstören, um an das Gewünschte heranzukommen, da es ihnen eh egal ist, was aus der Lebenswelt der Ureinwohner wird?

    Ich finde es eine, sagen wir mal, Inkonsequenz der Darstellung. Vor allem natürlich finde ich nicht die Tatsache, dass sie es nicht tun, einen Fehler. Wohl aber die Überlegung des Autors, dass sie es nicht tun würden.

    Zitat


    Aber so blutrünstig werden die Menschen doch gar nicht dargestellt. Man sieht oft, dass Jake Sully versucht Kompromisse zu finden, die Na'Vi ohne Krieg zu vertreiben. Man merkt auch, dass die Avatare (v.a. Grace) schon bei den Na'Vi waren, sie studiert haben, mit ihnen gelebt haben.


    Sie hatten eine Schule bei ihnen und einiges anderes. Es wird nicht gesagt, warum das nicht mehr so ist. Die Einstellung Tsu'Tey's, immerhin des quasi Prinzen des Stamms, könnte ein Hinweis sein.

    Zitat

    Das Militär ist vorerst nur als Absicherung da.


    Streng genommen nicht mal das. Im Anfangskommentar bezeichnet er diese Leute als Marines, die für die Freiheit kämpfen (auf der Erde). Auf Pandora jedoch sind sie nur Söldner. Sie stehen also nicht mal beim Militär auf der Lohnliste.

    Zitat


    Erst später werden die Aktionäre ungeduldig und wollen endlich Resultate sehen, daher die Angriffe mit den Bomben, etc.


    Das stimmt so nicht ganz. Die Szene, in der Jake (ich dachte zuerst, Jack, Tschuldigung) seine Aufgabe erklärt wird, macht es deutlich. Die in meinem Spoiler (das ist immerhin ziemlich am Anfang). Da wird ihm vom Colonel auch gleich noch ein Ultimatum gestellt. Der Zeitdruck herrscht also von Anfang an. Ich habe außerdem auch nicht bestritten, dass sie nicht alle so sind.

    Spoiler anzeigen

    Das sind ja dann auch genau die Leute, die am Ende das Team wechseln und Jake helfen, sich und die Na'vi gegen die Soldaten zu verteidigen.


    Ach ja, und die Aktionäre werden nicht ungeduldig. Die sind nämlich ein paar Lichtjahre weit weg. Der Flug hat immerhin sechs Jahre gedauert. Zitat aus den Dialogen:

    Spoiler anzeigen


    {0:01:11} "Während des Kryoschlafs träumt man nicht. Es kommt einem nich' vor wie sechs Jahre, eher wie 'ne Flasche Tequilla und'n Schlag in die Fresse. Thommy war der Wissenschaftler, nich' ich. Er wollte sich etliche Lichtjahre in's All schießen lassen, um Antworten zu finden."


    Die Aktionäre sind also schon ungeduldig, vermutlich seit Jahren; ein Kontakt oder gar Befehlsgaben oder -ergänzungen sind sicher nicht möglich; außer nach Jahren. Die Aktionäre sind nur vorsichtig. Wie es in dem einen Spoiler heist: "Ureinwohner abmurksen kommt nich' gut." Die Aktionäre haben sich überreden lassen, es erst mal so zu versuchen. Der Colonel bezeichnet in einer Szene das Avatarprogramm als schlechten Witz und den Krieg als unausweichlich. Das zu der Einstellung der (Ex-)Militärs und sonstigen Verantwortlichen.

    Zitat


    Kleine Anmerkung: das begehrte Zeug heißt Unobtainium - Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen.


    Tschuldigung, ich habe es als Unoktanium verstanden, wird auch nur einmal erwähnt, als der eine Typ Grace den Kopf zurechtrückt wegen ihres Wutausbruchs wegen Jake. Was nicht so alles bei Wikipedia drinsteht :o

    Zu {Groundhog; 587318}:
    Einfacher? Die Avatare sind, pro Stück, irre teuer, deshalb holt man ja den völlig unbedarften Jake (er hat mal das Handbuch gelesen! ;) ), als der eigentlich vorgesehene Zwillingsbruder Thommy bei einem Raubüberfall stirbt. Außerdem müssen sie erschaffen werden, das dauert. Das technische Equipment wird auch einiges kosten. Es wird nie etwas darüber gesagt, wie die Avatare funktionieren, aber die Verbindung zwischen Avatar und Mensch muss ja irgendwie erzeugt werden. Wie das auch immer funktioniert: unendlich wird die Reichweite des Systems sicher nicht sein. Also hat man den Planeten (offenbar überall, da Jake ziemlich rum kommt) mit Transmittern, Repeatern oder was auch immer gespickt. Sowas kostet Geld und Zeit, Personal zum Machen, Wartung etc. Das war sicher nicht einfacher als Tabula Rasa. Und was die Radioaktivität angeht: Ich hatte ja geschrieben: Abseits der Unobtainiumadern.

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    Gerade Grace's Erkenntnisse über die Vernetzung dieses Planeten bieten da Ansatzpunkte. Das Leben ist noch stärker global abhängig als auf der Erde. Man kann also an uninteressanten Stellen alles so zerstören, und in der Nähe der zukünftigen Minen nimmt man eben zum Beispiel Napalm.

    Und was die schöne, neue Welt angeht: Sie ist unbrauchbar, wegen der giftigen Bestandteile im Atemgas. Man müsste absolut alles in Habitaten machen, dann kann man auch gleich zum Mars ausweichen, der ist näher dran. Terraforming scheint man noch nicht zu können sonst hätte man sicher schon damit begonnen. Ach ja, und das vorhandene Leben dürfte (schon wegen der anderen Athmosphäre) zu dem Leben auf der Erde inkompatibel sein. Also: einfach einen Teil abstecken und darauf Ackerbau betreiben ist nicht. Schätzungsweise ist nicht mal der Boden zu gebrauchen (da seine Nährstoffe zum Teil von abgestorbenen Pflanzen und Tieren bestehen, also auch vom Leben des Planeten abhängen).

    Und ehe Du mir meine eigene Idee um die Ohren schlägst: Diese Überlegung schließt keineswegs aus, dass ein Stoff von dem Planeten (ein einziges Protein oder so) für Menschen von Vorteil sein kann. Müsste dann natürlich extrem gut gereinigt werden. Die Grundstruktur des Lebens (DNA und Poly-Peptide) ist sicher die Gleiche, sonst wären die Avatare nicht möglich gewesen.

    Tschüß

    Lady A.

    "Dann gibt es kein glückliches Ende?"
    "Es gibt nie ein glückliches Ende ... denn es endet nichts"
    (Dialog aus "Das letzte Einhorn")

    Il y a un plaisir plus grand que celui de tuer: celui de laisser la vie.
    Es gibt ein größeres Vergnügen als das, zu töten: das leben zu lassen.
    James-Oliver Curwood, 1878 bis 1927; Zitat aus dem Abspann von 'Der Bär', der Verfilmung eines seiner Bücher

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