Hallo,
hier soll es mal um die Psychologie der Akteure und wie diese von den Autoren dargestellt und zusammengebaut wurde, gehen. Ehe dieses Argument kommt: Sicher, der Film spielt 150 Jahre in der Zukunft und in dieser Zeit könnte sich die Psychologie der Menschen durchaus verändern.
Allerdings nehmen die Autoren diese Möglichkeit nicht wahr. So reagieren die angestammten (nicht in aus der Vergangenheit kommenden) Menschen im Film 'Demolitian Man' durchaus in bestimmten Situationen anders als man es von heutigen Menschen in so einem Fall erwarten würde. Da gehört es aber zur Geschichte ... die Menschen wurden umerzogen.
Hier hingegen reagieren die Menschen eigentlich überall so, wie auch Menschen heutzutage reagieren würden. Mit eben den hier darzustellenden (und sicher noch der Einen oder Anderen Weiteren) Ausnahmen, die aber erstens sehr unmotiviert aussehen und zweitens zumeist sogar durch eine geringfügige Änderung in der Geschichte hätten vermieden werden können.
Da ich auch auf die Geschichte eingehe ....
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Um das Gesagte einzuordnen, darf man nicht vergessen: Die sind dort alleine. Es gibt keine Polizei, keine Staatsmacht dort. Was man macht, muss man vor Selfridge und Quaritch verantworten ... das ist alles. Theoretisch könnten die Berichte nach Hause Konsequenzen haben, aber das wäre viele Jahre später ... das dürfte kaum jemand jucken. Wie eine solche, gesetzlose Situation auf das Verhalten wirkt, haben wir in Abu Graid gesehen ... oder bei diesem Psycho-Experiment in den Staaten, bei dem Studenten, in zwei Gruppen aufgeteilt, Gefangene und Wärter in einem Gefängnis spielen sollten. Das Experiment musste nach wenigen Tagen abgebrochen werden, weil es zu Gewaltexzessen gekommen war. Studenten wurden verletzt, teilweise schwer. Offenbar braucht jeder Mensch immer eine Kontrollinstanz, die ihn reglementiert, sonst läuft er aus dem Ruder.
Da hätten wir zunächst den Überfall des Colonel auf die Station mit den Verbindungskammern. Norman, bei seinem Versuch den plötzlichen Abbruch der Verbindung zu verhindern, schlägt sogar einen der Soldaten. Das soll ohne für Norman unangenehme (ihn körperlich schädigende) Konsequenzen bleiben? Wie glaubhaft ist das, wenn der Soldat das, was er tut, aus Überzeugung tut? Wären diese Soldaten nur ein wenig weniger überzeugt, ein wenig zögerlicher, ein wenig zurückhaltender dargestellt, wäre dies glaubhafter ....
Dann der Überfall mit den Kampfhubschraubern auf den Heimatbaum: Trudi haut, noch vor Beginn des eigentlichen Einsatzes, ab. Ihr Schütze beschwert sich recht heftig bei ihr über dieses Verhalten. Quaritch wirft dem (ja nunmehr als Wissenschaftler, also Augustine und Selfridge unterstellten Mitarbeiter eingestellten) Jake praktisch Verrat vor. Wie würde er, der das Ganze ja immer noch als Militäreinsatz behandelt, auf die quasi Flucht Trudi's reagieren? So, dass sie anschließend Jake und Grace aus dem Gefängnis holen kann? Oder nicht doch eher so, dass sie selbst mit da drin sitzen würde? Auch hier: eine kleine Änderung und es stimmt wieder. Denn Trudi gehört genauso zu dieser Militärmaschine wie zum Beispiel die Besatzung im Hell's Gate Tower, die ganz betreten aus der Wäsche guckt, als der Heimatbaum zusammenbricht. Da ging so manch Einem dort die Angelegenheit gegen den Strich (nicht jeder ist so unmenschlich wie Quaritch, dem das Ganze ja sogar noch Spaß macht).
Also: Alternativvorschlag (wenn man es mal so nennen möchte). Trudi bleibt bei dem Einsatz dabei, schießt mit, macht alles. Dann schaut sie, sogar live, der Katastrofe zu, die sie angerichtet haben und sagt: 'Ich hätte bei dieser Sch.... niemals mitmachen dürfen. Das ist absolut falsch (daneben, wie-auch-immer).' Dann haut sie, noch vor den Anderen, ab. Quaritch hätte sie gerügt, weil er noch nicht die Freigabe zum Heimflug gegeben hatte, aber das wäre auch alles gewesen.
Zweite Alternative: Sie haut vorher ab, aber ihre Besatzung gibt ihr recht. Dann kann man nicht mit einer Meldung an Quaritch rechnen und er erfährt von ihrem 'Kneifen' erst bei der routinemäßigen Durchsicht der Protokolle von Hell's Gate .... Stunden oder Tage später (bzw. in diesem, speziellen Fall erfährt er nie mehr davon, weil beide dann schon tot sind).
Es gibt weitere Beispiele: So reagieren Soldaten und Wissenschaftler nicht passend aufeinander, als Selfridge die Verbindung nach einer Stunde erneut gewaltsam trennen lässt. Es kommt wieder zur Prügelei und wieder bekommen die Wissenschaftler kaum etwas dabei ab. Auch hier wieder: nur ein wenig Zögern, mangelndes Einverständnis, unwilliges Gehorchen seitens der Untergebenen und schon würde es zusammenpassen. So aber machen diese Leute immer den Eindruck, sie tun das gerne und dann dreschen sie die Wissenschaftler, die sie immerhin angreifen, nicht zusammen? Das passt doch nicht zusammen.
Nach meinem Eindruck wollte Cameron die Situation absichtlich sehr ausgeprägt darstellen, sehr Scharz-weiß, damit der Zuschauer auch sicher die Sympathie für Jake entwickelt, die nun einmal hier nötig ist. Dabei hat er aber vor bestimmten, dann zwangsläufig damit einhergehenden Handlungen zurückgeschreckt, sei es, weil sie zu brutal wären oder sei es, weil seine Figuren dann aus dem Film rausgewesen wären (im Krankenrevier, im Knast) und er sie noch brauchte.
Nur zur Klarstellung: Das sind trotz allem Kleinigkeiten und tun dem Spaß beim Zugucken keinen Abbruch. Toller Film
Tschüß
Lady A.