In gar nicht allzu ferner Zukunft droht die Sonne zu sterben. Auf der Erde ist es kalt und dunkel und die Menschheit steht vor ihrem Ende.
Ihre letzte Hoffnung ist eine Weltraummission: Ein gigantisches Raumschiff namens Icarus II mit einer enormen Bombe, die genug Sprengkraft haben soll, um die Sonne neu zu entzünden. Eine Art zweiter Urknall.
Das Problem: Keiner kann physikalisch errechnen, wie und inwiefern diese Explosion funktionieren soll.
Da kommt der Notruf der Icarus I gerade recht - vor 7 Jahren verschollen stellt dieses Schiff die zweite letzte Chance für die Menschheit dar...
Doch so einfach kann sich das ja nicht gestalten, schließlich ist es ein Danny Boyle Film und der hat ja mit 28 Days Later bereits bewiesen, dass er spannende Szenarien gut in Szene setzen kann (dass 28 Days Later dank der hirnlosen und absurden Story dennoch Bockmist war, lass ich mal außen vor).
Ließt man sich die Story von Sunshine durch, so fühlt man sich etwas an Heldenfilme wie Armageddon oder Deep Impact erinnert. Das stimmt nur halb. Denn ein richtiges Heldenepos ist Sunshine nicht. An Bord der Icarus II sehen wir eigentlich keine Helden. Eher Menschen, die größtenteils nachvollziehbar agieren und ohne großes Drumherum einfach logische Entscheidungen treffen.
Keiner der Truppe sticht großartig hervor, um den Helden darzustellen, sondern die Mannschaft der Icarus II ist ein Team und jeder hat seine Aufgabe. Zwar gibt es immer wieder Parallelen zu oben genannten Filmen, die kann Sunshine auch nicht leugnen, aber die Geschichte wird anders und menschlich nachvollziehbarer erzählt.
Ein Drücken auf die Tränendrüse mit Ansprachen vom Präsidenten bleibt hier völlig aus. Genaugenommen wird die Erde nur ein einziges mal gezeigt.
Der Fokus der Story liegt eindeutig auf der Besatzung der Icarus II.
Doch spätestens nach einer halben Stunde fällt auf, dass hier eine ordentliche Prise Event Horizon zugegeben wurde.
Das Orten eines verschollenen Schiffs, das leer ist - irgendwas unheimliches ist an Bord, plötzlich passieren mysteriösche Dinge...
Sunshine könnte glatt eine Art Remake sein, mit einem anderen Plot und anderer Auflösung.
Doch das tut dem Knackpunkt keinen Abbruch: Dieser Film ist unglaublich spannend und intensiv. Man weiß nicht, wie der Film ausgehen wird.
Da die Stimmung des Films ziemlich düster und depressiv ist, kauft man dem Film ab, die Menschheit auch mal aussterben zu lassen, anstatt sie zu retten. Daher bleibt bis zuletzt offen, was passieren wird.
Auch die Sache mit dem "5. Passagier" (sieht man im Trailer) ist toll gelöst:
Im Gegensatz zu Event Horizon, der offensichtlich Horror dadurch erzeugt, dass man SIEHT, erzeugt Sunshine seine Spannung dadurch, dass man NICHT sieht (mithilfe eines grandios aussehenden Effekts und klasse Regiearbeit)!
Genau hier setzt auch die Grundidee von Sunshine an:
Es ist dieser seltsame Widerspruch von Licht und sehen. Normalerweise sehen wir, wo Licht ist. Doch die Sonne ist so hell und so "überirdisch", dass das Sehen "anders wird" oder wir nichts mehr sehen!
So verwenden Danny Boyle und sein Kameramann auch Lichtspiegelungen und Blenden-Reflektionen, die andere vermeiden würden.
In Sunshine wird mit dem Licht gespielt. Ständig.
Generell ist die Regie- und Kameraarbeit grandios. Geniale Kameraeinstellungen und spannende Schärfe-Spielereien, Bilder mit Bewegung und Intensität und ...
Stopp, das mit der Regiearbeit muss ich relativieren: Sie ist "nur" sehr gut. Denn eines hat Danny Boyle nicht geschafft: Er hat es nicht geschafft aus Cillian Murphy einen guten Schauspieler zu machen. Murphy ist zweifelsohne ein Charaktergesicht, wie es im Buche steht, aber schauspielern ist nunmal mehr. Und er agiert einfach zu künstlich, zu gespielt...
Hier hätte Boyle ansetzen müssen, das gehört auch zur Aufgabe des Regiesseurs! Auch die restlichen Schauspieler spielen zufriedenstellend, aber hier wäre mehr drin gewesen...
Doch dennoch: Audiovisuell ist Sunshine einfach ein Leckerbissen, denn neben den starken Bildern ist auch die Soundkulisse beeindruckend und die Musik ist wirklich atmosphärisch und tut ihr übriges.
Fazit: Sunshine ist ein sehr guter Film, der das gewisse Fünkchen an Genialität verpielt, weil er sich storytechnisch zu sehr an anderen Filmen bedient. Dies macht er aber durch seine grandiose Inszenierung wieder wett und beeindruckt durch das virtuose Spiel mit Sonne, Licht und Sehen.
5 von 6 fÖöLiS (sehr gut)